In letzter Zeit habe ich öfters Überlegungen zu einem Thema angestellt, dass wohl vor allem im deutschsprachigen Raum weiterhin eher verrufen ist und nicht so gerne thematisiert wird. Nationalstolz. Der Begriff wird so gerne und so schnell ins politisch rechte Eck gestellt, seit jeher wurde die Identifikation mit der Heimat dort gelassen und nie wieder aus dieser Ecke abgeholt. Doch warum, frage ich mich, ist das so, dass man in meiner Heimat Österreich mit dem Verständnis aufwächst, dass es etwas Unangenehmes sei, stolz auf sein Land, seine Herkunft zu sein? Wieso habe ich mich früher so strikt dagegen gewehrt, ein Dirndl (traditionelle Tracht) zu kaufen, geschweige denn zu tragen? Wieso habe ich mich immer eher beschämt abgewendet, wenn jemand die österreichische Flagge zeigte, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf "Das sind doch nur die Einsiedler vom Land, die alle nationalistisch gesinnte Parteien wählen"? Wieso konnte ich keine einzige Strophe unserer Hymne singen und wieso hatte ich kein Bewusstsein für die Dinge, die dieses Land, in dem ich geboren wurde und aufgewachsen bin, ausmachen?
All diese Fragen trafen mich wie ein Schlag, als ich zum ersten Mal gelebten Nationalstolz in meiner zweiten Heimat Schweden erfuhr. Und auch auf den Vorbereitungsseminaren für mein Austauschjahr wurde ich zum ersten Mal mit den Eckpfeilern österreichischer Mentalität konfrontiert. Ich verstehe nicht, warum sich selbst die "gebildetere Schicht" Österreichs regelmäßig anmaßt zu behaupten, man könne nicht gleichzeitig für Patriotismus und für eine offene, freie Gesellschaft sein. Wir wähnen uns in einer Union, die sich auf europäische Werte beruft, während wir es nicht einmal zustande bringen, uns über die Werte und Grundsätze unserer eigenen Herkunft, unseres eigenen Landes bewusst zu werden. Wie sagt man so schön, in einer Beziehung sei das Ich im Wir so wichtig? Ja, das ist es! Und zwar auch im großen Rahmen. Vielleicht eine gewagte These, aber ich formuliere es trotzdem so radikal: Nachvollziehbar, wenn sich Menschen nicht mit einer großen, vielleicht auch unbekannten, Gemeinschaft identifizieren können, wenn sie sich nicht einmal mit ihrem eigenen Heimatland auseinandersetzen. Auf exzellente Art und Weise damit geworben hat Alexander Van der Bellen während seines Bundespräsidentschaftswahlkampf, indem er äußert erfolgreich den Heimatbegriff endlich aus dem verstaubten rechten Eck geholt hat und erkannte, welche Inhalte unser Land ausmacht. Nationalstolz muss nicht neu definiert werden, er muss nur gelebt werden.
Es lässt sich auch ein anderes Sprichwort in diesen einen größeren Kontext übertragen: "Man kann erst jemand anderen lieben, wenn man sich selbst liebt." Wer weiß, vielleicht stimmt auch das in der Beziehung zwischen Europa und den Nationalstaaten. Vielleicht muss man, um sich in einer großen, offenen Gesellschaft wie die der EU, zurechtzufinden, sich erst wieder einmal als stolzen Bürger seiner Heimat sehen, um sich schließlich auch als Bürger der EU zu identifizieren. Patriotismus ist in meinen Augen keine Verweigerung einer vereinten, offenen und weltumspannenden Gesellschaft sondern ein Besinnen darauf, welche Werte mir in meiner Herkunft wichtig sind und wie ich diese nach außen hin vermitteln beziehungsweise auch revidieren will. Weiß man nämlich selbst nicht, wer man ist, wird man das auch nur schwer anderen näherbringen können.
Wow danke für deinen großartigen Beitrag. Du hast ja so recht. Ich finde es nur schlimm, dass Alexander van der Bellen während des Wahlkampfes für Nationalstolz geworden hat und jetzt meint, wir sollten als Solidarität Kopftuch tragen!
AntwortenLöschenhttp://carrieslifestyle.com
Nationalstolz ist wirklich ein Wort, dass man hier auch gleich mit negativen Dingen verbindet. Das Image dieses Wortes müsste wirklich mal was aufpoliert werden. Ich verstehe natürlich warum es geschichtlich oftmals schwierig ist, dieses Wort zu verwenden, andererseits haben diese Geschehnisse ja nur noch wenig mit uns selbst zu tun und man könnte wieder anfangen auf das eigene Land stolz zu sein...
AntwortenLöschenAber aktuell bleibt es ein schwieriges Wort.
Vielen lieben Dank für dein Lob zu meinen Fotos und Geschichten vom Königsee!
http://www.blog.christinepolz.com
Wahre Worte, kann dir bei allem nur zustimmen. Ich hatte darüber im letzten Jahr mit meinen Kommilitonen bei einem Treffen auch schon diskutiert, weil wir es auch nicht nachvollziehen könne, warum man nicht stolz auf sein Land sein darf. Den Aussagen in deinem Text kann ich nur zustimmen. Ich denke, dass das sicherlich ein Grund ist, wieso es vielen so schwer fällt sich mit der Eu zu identifizieren. Wobei da auch noch dazu kommt, dass sich viele einfach auch gar nicht wirklich damit auskennen, welche Vorteile Europa uns bringt und wie sie funktioniert. Das ist alles hochkomplex und kompliziert und vielen fehlt da verständlicherweise der Durchblick. Das müsste auch einfach alles etwas bürgerfreundlicher und transparenter werden. Ein weiteres Problem ist aber auch, dass viele Abgeordnete immer gerne Europa als den Buhman hinstellen und das hat sich natürlich in den Köpfen der Menschen festgesetzt. War in England ja auch so, dass man für alles was schiefgelaufen ist die Eu verantwortlich gemacht hat, auch wenn es nicht so war. Klar, dass die Menschen sich dann für einen Ausstieg aussprechen, wenn sie ständig solche Aussagen hören.
AntwortenLöschenDanke auch für dein liebes Kommentar.
Bei deiner Aussage zu Cliffhängern musste ich gleich an Pretty Little Liars denken, da ist es ja leider auch nicht anders. Die letzte große Auflösung war dann zudem auch komplett unlogisch und mittlerweile ist für mich da die Luft raus. Nicht mal die letzten 10 Folgen überzeugen mich derzeit. Die groß angekündigten Auflösungen bleiben bisher aus und Spannung mag auch nicht aufkommen. Zu sehr in die Länge ziehen ist halt immer der falsche Weg. Bin froh, dass Riverdale, was ja nach dem selben Prinzip abläuft das nicht tun wird.
Ich finde, dass vor allem kleinere, unbekanntere Produktionen nicht so gut synchronisiert sind. Bei den großen, wie Game of Thrones, The Walking Dead, Greys Anatomy macht man wirklich einen tollen Job, aber wenn die Serien dann etwas unpopulärer ist, dann sind sie schon oft weit vom Original entfernt und es schleichen sich auch Übersetzungsfehler ein. Ist dann immer Schade.
In meinen Schulen, die ich besucht habe, war das jetzt nicht der Fall, aber ich habe da schon einige Zeitungsartikel gelesen zu Schulen in den Großstädten, wo die Lage genau so aussieht. Das schockiert mich dann auch immer, denn in einem Industrieland wie Deutschland, darf das einfach nicht der Fall sein.
Ich frage mich dann immer, ob noch nie jemand was von Kompromissen gehört hat, wo man die Mitte findet. Es ist ja auch wichtig, dass man eine Thematik aus unterschiedlichen Standpunkten beleuchtet und dann schaut, dass man eine Lösung findet, die für alle annehmbar ist.
Dann drücke ich dir jetzt ganz fest die Däumchen für den Endspurt, dass schaffst du ;).
Absolut ein toller und sehr inspirierender Beitrag! Darüber sollte man häufiger Nachdenken. Finde es wirklich toll, dass du solch ein Thema aufgreifst!
AntwortenLöschenAlles Liebe,
Celine
ceyourgoals by Celine
P.S. Auf meinem Blog gibt es gerade noch ein Gewinnspiel... Schaut gerne mal vorbei :)